Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Dina El Omari: Koranische Geschlechterrollen in Schöpfung und Eschatologie

 

2015 wurde der damalige Vorsitzende der Islamischen Religionsgemeinschaft Oberösterreich von der Zeitung Volksblatt interviewt. Darin äußerte er sich auch zur Frage der Geschlechterrollen. Er sagte, dass es zwar vor Gott eine Gleichberechtigung von Mann und Frau gebe, aber nur der Mann bei Entscheidungen das letzte Wort habe. Er begründete seine Aussage damit, dass Gott dem Mann die Hauptverantwortung für die Frau und die Familie gegeben habe, weil die Frau physisch und psychisch schwächer als der Mann sei und wegen vielerlei Gefahren männlichen Schutz brauche. Dieses Interview löste eine Welle der Empörung aus, so dass der Vorsitzende im Nachgang seine Aussagen relativierte.

Dina El Omari richtet sich in ihrer Habilitationsschrift genau gegen diese patriarchale Deutung von...

Walter Homolka / Juni Hoppe / Daniel Krochmalnik: Der Messias kommt nicht

Der Titel dieses Buches klingt zunächst sehr provokativ, ist doch die Messiaserwartung wesentlicher Bestandteil der jüdischen Religion, denn sein Kommen wird von vielen Propheten in der Bibel angekündigt. Einer der bedeutendsten jüdischen Religionsphilosophen, Maimonides (1135-1204), schreibt im 12. seiner berühmten 13 Glaubenssätze: „Ich glaube mit voller Überzeugung an das Kommen des Messias, und obgleich er noch säumt, will ich trotzdem jeglichen Tag harren, dass er kommen werde.“ Und auch im Achtzehnbittengebet (Amida) beinhaltet die 14. Bitte die Wiederherstellung Jerusalems und des Davidthrones.

Das Buch umfasst, sieht man von Vorwort und Nachwort ab, drei Beiträge von drei Wissenschaftlern, die unterschiedliche Zeiträume bearbeiten. Juni Hoppe, die die „Messiasvorstellungen im...

Lars Allolio-Näcke: Anthropologie und Kulturpsychologie der religiösen Entwicklung

Lars Allolio-Näcke legt in seinem Band, der zugleich seine 2014 abgeschlossene Habilitationsschrift darstellt, den Entwurf einer „kulturpsychologischen Theorie der religiösen Entwicklung“ vor. Mit einem vorangestellten Zitat Ernst E. Boeschs und in seinem Vorwort macht der Autor klar, dass er Ansätze der akademischen Psychologie zur Religionspsychologie für nicht weiterführend hält und in einer an Boesch orientierten Kulturpsychologie die Lösung sieht.

So beginnt die Gliederung der Arbeit zunächst auch mit einer Betrachtung des Verhältnisses von Theologie und Psychologie, die der Autor in einem großen historischen Bogen mit der Säkularisierung der Universitäten beginnt (Kap. 1). Die Theologie kommt fast ausschließlich als protestantische Theologie zur Sprache. Differenziert ist seine...

Hans Joas: Warum Kirche?

Der an der Berliner Humboldt-Universität lehrende Soziologe Hans Joas hat unter dem etwas irreführenden Titel „Warum Kirche? Selbstoptimierung oder Glaubensgemeinschaft“ eine Aufsatzsammlung vorgelegt, die einen guten Einblick in das Denken dieses über die Grenzen seines Fachbereichs hinaus bekannten Intellektuellen gibt. Das Buch wendet sich an einen breiten Leserkreis, ist ohne umfassende Kenntnisse soziologischer Theoreme verständlich und hat sich zum Ziel gesetzt, grundlegende Orientierung in der unübersichtlichen religiösen bzw. kirchenpolitischen Lage der Gegenwart zu bieten. Behandelt werden zum einen klassische religionssoziologische Fragestellungen. Joas zerlegt noch einmal geduldig die mit der klassischen Säkularisierungsthese einhergehenden Anschauungen in seine...

Jörg Lauster: Das Christentum

Die Kulturgeschichte des Christentums skizziert Jörg Lauster, evangelischer Professor für Systematische Theologie in München, komprimiert auf 128 Seiten. Das ist eine hohe Kunst, denn seine Ausführungen zeugen von einem profunden Wissen zu Personen, theologischen Positionen sowie Dogmen- und Kirchengeschichte und weisen vielschichtige Analysen und hilfreiche Systematiken auf, um auch aktuelle Zusammenhänge und Fragestellungen des Christentums und der Kirchen besser verstehen zu können. Dies alles in einer solchen Kürze und in verständlicher Sprache aufzuarbeiten, verdient Respekt. Das Format einer kurzen Einführung in der Reihe Beck Wissen bringt es mit sich, dass vieles nur angedeutet werden kann.

In den vier Kapiteln geht der Autor zunächst auf gut 50 Seiten auf die 2000-jährige...

Stefan Kiechle: Gott die Ehre

Der Gründer des Jesuitenordens, Ignatius von Loyola (1491-1556), verfasste als Frucht seiner persönlichen Erfahrungen eine Sammlung geistlicher Übungen (im spanischen Original mit dem Titel „ejercicios espirituales“), die als Klassiker in die Spiritualitätsgeschichte des Christentums eingegangen sind. Das lateinische Wort „exercitium“ bedeutet „Übung“. Wie ein Sportler trainieren muss, um seine Fertigkeiten zu entwickeln, so ist es auch im geistlichen Leben. Wer Exerzitien macht, übt sich darin, das eigene Leben zu ordnen, neu auszurichten und aufmerksam zu werden für das, was sich an inneren Regungen zeigt. Geistliche Exerzitien kennen keinen Leistungsdruck, sie sind eine Zeit der Unterbrechung des Gewohnten, sie weiten den Blick für Ungeahntes, sie leben vom Loslassen und Sich-Einlassen,...

Jürgen Werbick: Theologie anthropologisch gedacht

In seiner viel beachteten Abhandlung „Der Nachmittag des Christentums. Eine Zeitansage“ entwirft der tschechische Theologe und Soziologe Thomás Halík einen methodologischen Zugang, der das Verhältnis von Glaube und Kultur zu fassen versucht, und nennt diesen Kairologie. Diese theologische Hermeneutik, so Halik, ermögliche den christlichen Anspruch, die Zeichen der Zeit wahrnehmen, deuten und entsprechende Konsequenzen aus ihnen ziehen zu können. Notwendigerweise bedarf eine solche theologische Konzeption einer interdisziplinären akademischen Zusammenarbeit: „Die Theologie ist der Dienst am Glaube; der christliche Glaube hat jedoch in der Kultur und Gesellschaft Gestalt angekommen, und wenn wir ihn verstehen und ihm dienen wollen, müssen wir ihn in seinem Kontext wahrnehmen und auch diesen...

Markus Zimmermann: Gewalttätiger Gott – gewalttätiger Glaube?

 

Zu den besonders erschreckenden Gewalttaten, von denen aus beinahe jedem Krieg berichtet wird, gehört die Tötung von Kindern. Sie ist das Kriegsverbrechen, das die Emotionen am stärksten erregt und gegen die Aggressoren aufbringt. Umso schlimmer, wenn eine solche Gewalttat von Gott selbst befohlen wird – wie in 1 Sam 15: Durch Samuel gibt er Saul den Befehl, alle Männer und Frauen, Kinder und Säuglinge, Rinder, Schafe, Kamele und Esel der Amalekiter zu töten. Da Saul den Befehl nicht exakt ausführt, sind seine Tage auf dem Thron gezählt.

Für Markus Zimmermann, Fundamentaltheologe und Dogmatiker an der Päpstlichen Universität Gregoriana, ist diese Stelle ein Beispiel für die religionshistorisch vielfach belegte „Gewalt ad extra“. Auch die „Gewalt ad intra“ entdeckt Zimmermann in der...