Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Jutta Hajek: Siehst du die Grenzen nicht, können sie dich nicht aufhalten

Wer dieses Buch unbefangen liest, wird überrascht von einer dramaturgisch mitreißenden Mischung aus Reportage, Kurzgeschichte und Biografie. Sie wird getragen von einer schlichten und einfachen Sprache. Sie bürgt Überzeugungskraft, ist überaus empathisch und wirkt authentisch. Sie spürt achtsam dem Leben einer von Blindheit betroffenen Familie bis ins kleinste Detail nach. Wie kann man als blinder Mensch Holz hacken, ohne sich zu verletzten? Wie backe ich einen Kuchen, dass er gelingt? In der theologischen Reflexion bringt das Buch Fragen nach dem Bösen, dem Leid und dem Tod ebenso zielsicher auf den Punkt wie etwa die Not einer blinden Frau, die um Mitternacht auf dem Bahnhof steht und um eine Lösung ringt, nach Hause zu kommen. In ausdrucksstarken Bildern menschlichen Lebens vermag sie...

Karl-Heinz Göttert: Weihnachten. Biographie eine Festes

 

Viele kennen den Kalauer zum Weihnachtsfest: Treffen sich zwei, sagt der eine zum anderen: „Weißt Du eigentlich, dass Heiligabend heuer auf einen Freitag fällt?“ Erschrocken der andere: „Hoffentlich ist es nicht auch noch der Dreizehnte?“ Dieser peinliche Bildungsfauxpas wäre nicht passiert, hätte man Karl-Heinz Götterts materialreiche Geschichte des Festes gelesen. Der Autor, geboren 1943, seines Zeichens emeritierter Germanistik-Professor, veröffentlichte in seinem fruchtbaren Akademikerleben eine Fülle von Fachliteratur und auch erfolgreiche populäre Sachbücher zur deutschen Sprach- und Kulturgeschichte. Der Verfasser nimmt sich „als Historiker“ die theologie- und kirchengeschichtliche Genese von Weihnachten von den ersten Anfängen bis in die Jetztzeit anhand der einschlägigen Quellen...

Gerhard Lohfink: Die vierzig Gleichnisse Jesu

Bitte, bitte – erzähl mir eine Geschichte …! So lernen Kinder die Welt kennen und verstehen: in Geschichten, die den schlichten Alltag ebenso umfangen wie die tiefsten Wahrheiten. Und vielleicht hört es nicht auf, dieses Lernen, wenn Menschen erwachsen geworden sind. Sie betteln dann nur nicht mehr so ungeschützt um die nächste Geschichte.

Die Menschen um Jesus herum lernten durch ihn und seine Geschichten eine neue Sicht auf die Wirklichkeit. Er spricht darin über Alltag und Fest, über Sorgen und Nöte, Normales und Außergewöhnliches – wie im echten Leben. Die insgesamt vierzig Gleichnisse Jesu finden sich eingefügt in die Texte der Evangelien. Klingt trivial? Nur auf den ersten Blick, denn die jeweilige Rahmung ist selbst schon ein Stück Auslegung. Gerhard Lohfink bemüht das passende...

Myriam Revault d’Allonnes: Brüchige Wahrheit

Seit dem Ausgang der Brexit-Kampagne in England und der Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA bilden die Ausdrücke „fake news“ und „alternative facts“ eine unschöne Bereicherung unseres politischen Vokabulars. 2016 hat das Oxford Dictionary „post-truth“ zum Wort des Jahres gekürt. Eine Einordnung und Klärung unternimmt die politische Philosophin Myriam Revault d’Allonnes in ihrer neuesten, 2018 in Frankreich erschienenen Schrift „Brüchige Wahrheit“. Für die Beantwortung ihrer Fragestellung „Was beeinträchtigt die Postwahrheit?“ (12) – gemeint ist wohl die Herausbildung der Postwahrheit – rekurriert sie auf Platon und Aristoteles, auf Michel Foucault und Paul Ricoeur, vornehmlich aber auf Hannah Arendt. Lassen wir die gelehrten Ausführungen bei Seite und konzentrieren uns ganz auf den...

Jochen Sautermeister (Hg.): Kirche – nur eine Moralagentur?

Eines gleich vorweg: Das hier zu rezensierende Buch kann als Urlaubslektüre niemandem mit gutem Gewissen empfohlen werden! Und das hat nicht einmal etwas mit dem durchaus relevanten Thema des 158 Seiten zählenden Bändchens zu tun. Im Gegenteil: Der Titel weckt größere Erwartungen, als sein Inhalt zu erfüllen in der Lage ist. Letzteres liegt weniger an den durchaus namhaften Autoren als an einer gewissen – mit Verlaub – herausgeberischen Naivität: Wer kaum ein Jahr, nachdem die MHG-Studie die moralische Glaubwürdigkeit der Kirche geradezu annihiliert hat, glaubt, auf die kirchlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen mit einem rein innerakademischen Diskurs reagieren zu können, hat wenig von den realen Spielräumen kirchlicher Selbstbehauptung in einem pluralistischen Lebenskontext...

Carlo Maria Martini: Maria Magdalena

 

Über den Dienst und die Aufgabe der Frau in der Kirche wird heute lebhaft diskutiert. Könnte Maria Magdalena ein Vorbild für unsere Zeit sein? Dieser besonderen Gestalt aus dem Neuen Testament nimmt sich der 2012 verstorbene Kardinal und Mailänder Erzbischof Carlo Maria Martini an. Er porträtiert einfühlsam Maria Magdalena und zeichnet ihr Charisma nach.

aria Magdalena erhebt keine Ansprüche auf Macht oder Geltung. Sie ist erfüllt, ja betört von Gott, von innen her sehnsüchtig nach der Nähe des Herrn. Martini weist darauf hin, dass der Auferstandene ihr zuerst erscheint. Demütig korrigiert er das Frauenbild des Kirchenvaters Ambrosius, der „sehr darauf bedacht ist, dass seine Jungfrauen einen reinen Geist und ein reines Herz haben“. Ambrosius kritisiert Maria Magdalena, die am Grab noch...

Hans-Dieter Mutschler: Was läuft falsch im Christentum?

Beiträge zur Analyse der Krise der Kirchen liegen zuhauf vor. Der Titel des vorliegenden Bandes sticht heraus. Nicht: Was läuft schief in der Kirche? – sondern: Was läuft falsch im Christentum? Hans-Dieter Mutschlers These: Das Handeln Jesu entspringt seinem Sein als wahrer Mensch und wahrer Gott. Es äußert sich in bedingungsloser Liebe. Die aus dem Leben und der Person Jesu abgeleitete Ethik ist, so Mutschler, eine Eliteethik in dem Sinne, dass ihr die Erfahrung gnadenhaften Beschenktseins durch die Liebe Gottes vorausgeht und den durch sie erfüllten Christen befähigt, diese göttliche Liebe durch sich selbst vorbehaltlos anderen zu schenken. Die radikale Christusnachfolge ist nicht für alle, sondern nur für die so Beschenkten. Alle anderen, die, in welcher Weise auch immer, sich dem...

Claus Arnold / Martin Belz (Hg.): Lebensbilder aus dem Bistum Mainz

Auch im dritten Band der „Lebensbilder aus dem Bistum Mainz“ sind wieder Biographien aus mehr als zwei Jahrhunderten Diözesangeschichte versammelt. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem 18. und 19. Jahrhundert. Der Umbruch vom alten Erzsitz zum neuen Bistum Mainz spiegelt sich nicht nur in den Biographien von Gregor Johann Stephan Köhler, Franz Werner und Michael August Ries wider, sondern auch im wissenschaftlichen Lebenswerk von Franz Dumont, dem Historiker der Stadt Mainz und unermüdlichen Erforscher der Mainzer Republik. Die drei Beiträge von Werner Simon zu dem Pastoraltheologen Gregor Köhler, dem Bensheimer Schuldirektor Michael August Ries sowie dem Dieburger Dekan Dominikus Matthäus Joseph Goy lassen neben den „unruhigen Zeiten“ des Übergangs auch einen Blick in die theologische...