Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Eugen Drewermann / Martin Freytag: Gott, wo bist du? Eugen Drewermann antwortet jungen Menschen

 

„Gott, wo bist du?“ Die Titelfrage des neuen Interviewbandes von Eugen Drewermann und Martin Freytag, der an den Vorgänger „Das Geheimnis des Jesus von Nazareth“ (Patmos Verlag, 2018) anknüpft, stellt sich im Erfahrungsraum aktueller (Natur-)Katastrophen noch einmal ganz neu. Es ist eine Frage, in der sich im Grunde sämtliche Fragen des Buches konzentrieren wie in einem Brennglas: die Kernfrage der Theodizee, die Drewermann als „Infragestellung der gesamten Schöpfungsordnung“ versteht (51). Zusammen mit seinem Interviewpartner Martin Freytag, Religionslehrer am Gymnasium Remigianum in Borken, möchte er seinen Zeitgenossen – gläubigen, suchenden, zweifelnden und atheistischen Menschen – argumentierend, kontextualisierend und illustrierend das Wagnis des Glaubens erschließen, den er als...

Rainer Oberthür: Der Seelensucher

Dieses Buch „beseelt“! Wer kennt sie nicht, die Wörter und Sprüche, die sich um den Begriff der Seele ranken – seelenruhig, glückselig, seelenlos, Seelenheil, in der Seele berührt, und, nicht zu vergessen, die Seligpreisungen als besondere Heilzusagen des Wirkens Jesu Christi.

Der Begriff „Seele“ ist derart abstrakt und vielschichtig, dass dieser im Verständnis nahezu ungreifbar erscheint, wäre da nicht Rainer Oberthür, der sich dieser Thematik in leicht verständlicher Form und unterlegter Bildsprache angenommen hat. Als Religionspädagoge gelingt es ihm immer wieder, komplexe Themen auf des Wesens Kern zu reduzieren; verwiesen sei nebenbei auf die durch Hubertus Halbfas` inspirierte Symboldidaktik, die Oberthür für die Konzeptionen „Philosophieren mit Kindern“ und „Theologisieren mit...

Hans Schwarz: Luther für Nichtlutheraner

 

„Luther für Nichtlutheraner“ – wer sollte sich hier ausgeschlossen fühlen? Auch ein den zentralen Erkenntnissen des Reformators verbundener Christ würde für sich die Bezeichnung „Lutheraner“ eher meiden. Die Unterschiede zwischen Reformierten und Lutheranern werden hierzulande von den meisten evangelischen Christen weithin, wenn überhaupt, nur noch als historisch wahrgenommen. Das Buch von Hans Schwarz reiht sich in die Schar von Lutherdarstellungen ein, die den Reformator und sein Denken größeren Leserkreisen zugänglich machen möchte, und dürfte für jeden, der seine schemenhaften Kenntnisse von Luther erweitern möchte, gewinnbringend sein. Es ist eingängig geschrieben und blendet hin und wieder aktuelle Bezüge ein. Schwarz versteht es, wichtige theologische Einsichten des Reformators...

Thomas Quartier: Rituale Leben

Nach „Das Kloster im eigenen Leben. Monastische Spiritualität als Provokation“ (2016), „Heilige Wut. Mönch sein heißt radikal sein“ (2018) und „Lebenslieder. Ein Soundtrack für Klosterspiritualität“ (2019) erkundet der Benediktinerpater Thomas Quartier, Mönch der Abtei Keizersberg und Professor für Monastische Studien an der Katholischen Universität Leuven (BE), mit dem vorliegenden Band abermals die Relevanz von Klöstern für unsere heutige Gesellschaft. Grundmelodie dieser Suchbewegung ist die Frage nach Ritualen, die in Krisen- und Übergangszeiten Halt und in den Vollzügen des Alltags Struktur geben können.

Die Überlegungen gliedern sich in 10 Kapitel, die jeweils mit einer Schwarz-Weiß Fotographie eröffnet werden, die mehr als bloß schmückende Beigabe sind. Dem Kapitel „Zeit für...

Tomáš Halík: Die Zeit der leeren Kirchen

Die Abwendung von der Kirche ist nicht nur in Westeuropa ein bekanntes Phänomen. Der Prozess lief und läuft auch in den ehemals kommunistischen Ländern des Ostens ab. Zu beklagen ist damit nicht in erster Linie ein Verlust an Einfluss und Macht, sondern, viel tragischer, eine intellektuelle Auszehrung der Institution. Es sind ja gerade die redlich auf der Höhe der Zeit fragenden und suchenden Menschen, die sich mit den verfassten Kirchen Osteuropas, ihren mit der modernen Kultur fremdelnden Hierarchen, deren politischer Positionierung und letztlich deren Art zu denken und zu sprechen nicht mehr anfreunden können.

Der tschechische Theologe Tomáš Halík bemüht sich in seiner an der Touristenmeile gelegenen Prager Akademischen Pfarrgemeinde darum, gerade dieser Gruppe von Menschen ein...

Monika Neugebauer-Wölk: Kosmologische Religiosität am Ursprung der Neuzeit 1400-1450

Eine vertraute, durch Aufklärungsoptimismus und Fortschrittsglaube geprägte Lesart unserer Vergangenheit lautet ungefähr so: Ist im Mittelalter der Blick auf das in analoger Erkenntnis erfahrbare Wesen der in Gott fundierten Wirklichkeit bezogen, so verändert sich mit dem Beginn der Neuzeit die Perspektive. Die Naturbetrachtung wendet sich von der Wesensbeschreibung ab und zur Empirie hin, deren Gesetzmäßigkeiten für sich relevant werden. Das 15. und das beginnende 16. Jahrhundert sind etwa das Zeitalter großer geographischer, technischer und astronomischer Entdeckungen. Dann kommt die Aufklärung: Kritische Vernunft will sich von sich aus in den Kosmos einordnen. Sie betrachtet sich nicht mehr als durch göttliche Vernunft im Universum geborgen, sie will sich vielmehr selbst, wenn überhaupt...

Gerhard Lohfink: Ausgespannt zwischen Himmel und Erde

„Ausgespannt zwischen Himmel und Erde“: Der Titel dieses Buches des bekannten Neutestamentlers Gerhard Lohfink umschreibt treffend nicht nur den grundlegenden Standpunkt eines jeden Glaubenden zwischen der Erfahrung des Himmlischen und der festen Verwurzelung in allem Irdischen. Er passt zur inhaltlichen Weite der insgesamt siebzig kleinen Beiträge zu oft prominenten biblischen Texten, die über mehrere Jahre hinweg in verschiedenen Kontexten entstanden sind.

Der Autor bündelt die Vielfalt der angesprochenen Aspekte unter drei großen Überschriften: Teil I („Grundlegendes“) entfaltet die Eckpfeiler des christlichen Welt- und Menschenbildes auch vor dem aktuellen pandemischen Hintergrund von COVID-19 im Bogen von Schöpfung, Geschichte und Vollendung, von Gottes- und Christuserfahrung, von...

Rüdiger Lux: Jiftach und seine Tochter

Ist profane Literatur von einem bestimmten Sujet geprägt, nehmen wir etwa eine beliebige Tragödie eines der drei großen griechischen Tragiker Aischylos, Sophokles oder Euripides, fällt es leicht bzw. liegt es nahe, davon zu reden, dass damit große, gewichtige, ernste Fragen des menschlichen Lebens aufgegriffen werden und auf literarischem Weg mit ihnen gerungen oder nach Antworten gesucht wird. Ist ja auch klar: Schon in der griechischen Antike spielten Dilemmata und die Frage nach dem Tragischen eine große Rolle. Heute sind es Fernsehproduktionen auf der Grundlage des Dramas „Terror“ von Ferdinand von Schirach, wo derartige Probleme thematisiert werden. Handelt es sich aber – beim gleichen oder ähnlichen Sujet – um biblische Literatur, vornehmlich um alttestamentliche, dann ist die...