Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Gerhard Lohfink: Das Geheimnis des Galiläers

Gerhard Lohfink will in einem fiktiven Nachtgespräch mit dem wissbegierigen, mitdenkenden Herrn Westerkamp, dem Repräsentanten seiner vielen treuen Leser, den wahren Anspruch Jesu aufweisen. Dieser bilde nämlich die verlässliche Basis des urchristlichen Kerygmas und der kirchlichen Christologie. Damit tritt der Autor der in der gegenwärtig wieder aufgenommenen liberalen Auffassung von der Vergottung Jesu ebenso entgegen wie dessen Verharmlosung in aktuellen Jesusbildern, z.B. als Heiler, Dichter oder religiöser Lehrer (Vorwort).

Zuversichtlich stellt Lohfink nach kurzem „Vorgeplänkel“ (1. Kapitel) schon am Anfang des Gesprächs heraus, dass im „Gestrüpp der Jesusforschung“ (2. Kapitel) festzuhalten sei: Die vier kirchlichen Evangelien berichten zuverlässig von Jesus und bringen zugleich...

Matthias Freudenberg / Georg Plasger (Hg.): Barth lesen

Karl Barth und seine Theologie gewinnbringend wahrzunehmen, wird nicht nur durch verschiedene (Vor-)Urteile – abstrakte Gedankengänge, endlose Sätze! – erschwert, sondern auch durch die Tatsache, dass sein Hauptwerk, die „Kirchliche Dogmatik“, an die 9.000 Seiten umfasst. Wer will sich das heute noch antun? Dass Barth ein humorvoller, leidenschaftlicher, pointierter, auf Verständlichkeit bedachter Schreiber und Redner war, der gerade in Predigt, Vortrag und Aufsatz zu großer Form auflief, ist weitgehend unbekannt. Da kommt das angezeigte Buch ganz recht, das ca. siebzig kürzere Textabschnitte aus verschiedenen Schriften Barths – darunter freilich auch die „Kirchliche Dogmatik“ – nach Themen geordnet vorlegt.

Den Anfang macht eine Sammlung biographisch gehaltener Texte und darauf folgen...

Jan-Heiner Tück / Tobias Mayer (Hg.): Die Kunst umspielt das Geheimnis

 

Kaum ein Ereignis hat in den vergangenen Monaten die weltweite Kunst- und Literaturszene so sehr aufgewühlt, wie die Verleihung des Nobelpreises für Literatur im Dezember 2019 an Peter Handke. Während das Nobelpreiskomitee in seiner Begründung mit Handke einen der einflussreichsten Schriftsteller Europas nach dem Zweiten Weltkrieg lobte, der „das Ungesehene einfängt und uns zum Teil davon macht“, regte sich auf Grundlage einer Vielzahl politischer Texte Handkes, in denen er sich in apologetischem Modus zu den Gräueltaten des Jugoslawienkrieg äußerte, oder diese gar leugnete, ebenso vehementes Unverständnis und Kritik für diese Entscheidung. Mit seinen Texten polarisierte Handke schon immer – mit dem ihn nun bekleidenden Nobelpreis wird er es unaufhörlich weiter tun.

Für Jan-Heiner Tück...

Hans G. Kippenberg: Regulierung der Religionsfreiheit

Der Autor geht in seinem Buch fundiert auf das Verhältnis Recht und Religion ein und spannt dabei einen weiten Bogen. Zunächst zeigt er auf, dass trotz der großen Bedeutung der Menschenrechte in der Gegenwart und ihres historischen Einzugs in den USA und in Frankreich gegen Ende des 18. Jahrhunderts keine durchgehende Kontinuität zwischen damals und heute vorliegt. Dieses legt er anhand einer detaillierten Auseinandersetzung mit dem Recht und der tatsächlichen Realität in der Gesellschaft dar. Die Gewährung von Religionsfreiheit war eine Pflicht von Staaten und Regierungen, die dem Völkerbund angehörten. Es war aber weder ein einklagbares individuelles noch ein einklagbares kollektives Recht einer Minderheit. Dann geht Hans G. Kippenberg darauf ein, wie sich ab 1945 die Religionsfreiheit...

Christoph Theobald: Christentum als Stil

„Auflösung oder Reform?“, vor dieser Alternative stand „das Christentum“ Europas in den Augen des Autors schon im Jahr 2015, als er in Regensburg die Joseph Ratzinger-Gastprofessur innehatte. Sie bildet das Grundgerüst für den inzwischen mit viel Aufmerksamkeit bedachten und hier zu besprechenden Band. Für Christoph Theobald kumuliert diese dezidiert europäische Frage konkreter in der Formulierung „Wie kann heute Hoffnung gemeinsam bezeugt und gegenseitiges Vertrauen ermöglicht werden?“ Der Fundamentaltheologe und Dogmatiker an der französischen Hochschule der Jesuiten in Paris (Centre Sévres) gliedert seine Überlegungen in fünf Kapitel und folgt dabei den beiden Reden von Papst Franziskus vor dem Europaparlament am 25. November 2014.

Ausgehend von der Diagnose, Europa stehe am...

Konrad Schmid / Jens Schröter: Die Entstehung der Bibel

 

Die beiden Exegeten Konrad Schmid (Professor für Alttestamentliche Wissenschaft und Frühjüdische Religionsgeschichte an der Universität Zürich) und Jens Schröter (Professor für Neues Testament und neutestamentliche Apokryphen an der Humboldt-Universität zu Berlin) legen mit dem zu besprechenden Buch eine Entstehungsgeschichte der Bibel vor, die sich weniger – wie man es z.B aus Einleitungen in das Alte und Neue Testament gewohnt ist – mit den Inhalten der einzelnen Bücher auseinandersetzt als vielmehr mit der Genese und Entwicklung des biblischen Kanons, wobei ein Teil des Buches dem Alten und ein weiterer Teil dem Neuen Testament gewidmet ist. Die jeweiligen Teile stehen aber nicht unverbunden nebeneinander, da das Buch ebenfalls beschreibt, wie Judentum und Christentum sich bei der...

Ulrike Link-Wieczorek / Uwe Swarat (Hg.): Die Frage nach Gott heute

Die am 6. November 2015 vom Deutschen Ökumenischen Studienausschuss (DÖSTA), also der theologischen Kommission der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), nach fünfjähriger Arbeit verabschiedete und 2019 wieder aufgelegte Studie reagiert in ökumenischer Eintracht auf aktuelle atheistische und andere skeptische Einsprüche gegen insbesondere kirchlich betriebene Religion im öffentlichen Raum – allen voran gegen das grundgesetzlich garantierte Recht auf konfessionellen Religionsunterricht an den Schulen. Damit verortet sie sich in einer Meinungslage, die aktuell beispielsweise von der Giordano-Bruno-Stiftung bespielt und zum Teil von der LandesschülerInnenvertretungen in Rheinland-Pfalz und im Saarland aufgegriffen wird. Insbesondere versucht die Studie, dem Verdacht...

Richard Dawkins: Atheismus für Anfänger

Es gilt, ein weiteres Buch des inzwischen emeritierten Evolutionsbiologen Richard Dawkins anzuzeigen. Bereits in seinem vielverkauften Buch „Der Gotteswahn“ (dt. 2007) hatte Dawkins auf die „religiöse Indoktrination“ von Kindern hingewiesen, die er bis zu einem gewissen Alter als entscheidungsunfähig darstellt und die religiöse Unterweisung daher sogar analog zur „Kindesmisshandlung“ gesetzt. An genau dieser Stelle schließt sein 2019 im Ullstein Verlag erschienenes Buch „Atheismus für Anfänger“ an, dessen englischer Titel deutlich prägnanter ist: „Outgrowing God. A Beginner´s Guide“, eine Anleitung also, Gott zu entwachsen. Dawkins‘ Zielgruppe sind nicht „Anfänger“, sondern Jugendliche, die anfangen sollen, atheistisch zu denken. Der vermutete junge Leser wird entsprechend konsequent...