Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Gottfried Böhme: Der gesteuerte Mensch?

„Wissen ist Macht“ ist eine These, die sicherlich alle am Bildungssystem beteiligten Personen unterstützen, insofern die Macht dem lernenden Individuum dient. Was aber, wenn „Wissen (ist)“ durch „Informationen (sind)“ ersetzt wird und diese im digitalen Raum frei verfügbar sind? – Dann kehren sich die Machtverhältnisse gefährlich um.

Gottfried Böhme, der über vier Jahrzehnte als Lehrer tätig war, widmet sich in seinem Buch genau diesen Aspekten. Ist der Mensch (und dies meint hier insbesondere Schülerinnen und Schüler und zudem ihre Lehrerinnen und Lehrer) gesteuert durch Google und Co oder hat er noch die Möglichkeit, selbst zu bestimmen? Und welche Chancen und Risiken bietet der medial omnipräsente Digitalpakt Bildung?

Böhmes Kritik beleuchtet viele Facetten – nach einer umfassenden...

Jens Herzer: Pontius Pilatus

„Gelitten unter Pontius Pilatus …“ Der heidnische Präfekt, der Jesus zum Tode verurteilte, besitzt alleine schon durch den Eintrag ins Apostolische Glaubensbekenntnis eine beachtliche Prominenz. Zwar verdankt er diese Erwähnung vor allem der Intention einer innerweltlichen Verortung des Christusgeschehens (vgl. schon 1 Tim 6,13). Doch führte das lebhafte Interesse an dieser schillernden Figur der Heilsgeschichte zu einer ausgeprägten Legendenbildung, die aus dem Richter und Henker Jesu teils einen unerbittlich für seine Schuld Büßenden, teils aber auch einen Märtyrer und Heiligen machte. In der empfehlenswerten Reihe „Biblische Gestalten“ legt Jens Herzer, Professor für Neues Testament an der Universität Leipzig, nun einen Band zu Pilatus vor, der sich durch nüchterne Ausgewogenheit...

Martin Ramb / Holger Zaborowski (Hg.). Auf dem Weg zum Kreuz

Wer hat an Aschermittwoch schon geahnt, dass die Karwoche 2020 bestenfalls digital stattfinden würde, weil sich eine bislang unbekannte Pandemie weltweit mit rasendem Tempo und schlimmen Folgen für die individuelle Gesundheit und das soziale Leben breitgemacht hat? In dieser dramatischen Situation kamen die beiden Herausgeber auf den klugen Gedanken, verschiedene (katholische) Autorinnen und Autoren um einem Beitrag über die Stationen des Kreuzwegs Christi mit Bezug auf Covid-19 zu bitten, der auf der Internetplattform der katholischen Kirche „katholisch.de“ veröffentlich wurde. Diese Texte sind ergänzt um weitere Artikel in der „Edition Denkbares“ nachzulesen. Das Besondere diese Buches liegt nun darin, dass die insgesamt zwanzig zwei- bis dreiseitigen meditativen Texte nicht mit den...

Christoph Dohmen / Günter Stemberger: Hermeneutik der Jüdischen Bibel und des Alten Testaments

Die Studienbücher Theologie des Kohlhammer-Verlags sind eine renommierte Reihe, bei der von Spitzenautoren beste theologische Qualität in lesbarer Form geboten wird. Dass der allererste Band dieser Reihe nun in zweiter, überarbeiteter Auflage erscheint, lässt auf ordentliche Nachfrage für das Thema schließen. Dessen Untiefen und Schwierigkeiten erschließen sich bereits im Titel: Dass „Altes Testament“ und „Jüdische Bibel“ offenbar nicht dasselbe, sondern sowohl in ihrer Hermeneutik (schon das Inhaltsverzeichnis enthüllt, dass auch hier eigentlich ein Plural hätte stehen müssen! „Hermeneutiken“) als auch in ihrer Substanz Unterschiedliches sind, erfährt schon, wer sich eingehender mit dem jüdischen und dem christlichen Kanon dieser Schriften beschäftigt, die beide in den ersten...

Jens Schröter: Die apokryphen Evangelien

Als die „verborgenen“ Schriften der Bibel (so die wörtliche Übersetzung des Begriffs) haben die „Apokryphen“ schon oft Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Eine ganze Reihe dieser nicht in den biblischen Kanon aufgenommenen Schriften waren lange verschollen und wurden erst seit dem 19. Jahrhundert wiederentdeckt. Inhaltlich wie literarisch äußerst verschiedenartig, prägten mehrere von ihnen nachhaltig christliche Traditionen, erregten populärwissenschaftliches Interesse über den kirchlichen Tellerrand hinaus und weckten nicht selten auch Hoffnungen auf vertiefte historisch belastbare Kenntnisse über biblische Gegebenheiten und Personen.

Jens Schröter, Professor für Neues Testament und antike christliche Apokryphen an der Humboldt-Universität Berlin, legt nun in der Reihe „C.H. Beck Wissen“...

Klaus Dorn: Paulus

Klaus Dorn hat nach Einführungswerken in das Alte und Neue Testament und einem Buch über Jesus Christus nun eines über Paulus vorgelegt. Auch hier geht es ihm um eine auf das Wesentliche konzentrierte und vor allem verständliche Darstellung in einfacher Sprache. Wie die Widmung des Buches verrät, denkt er über die Hochschule hinaus an einen Leserkreis, der „mit Paulus nicht viel anfangen“ kann. Den 30 Kapiteln stellt er statt Überschriften jeweils eine Frage voran, die ihn als versierten Didaktiker zeigen. Davon zeugt sein Einfall, das Resümee in die Form eines Interviews mit Paulus zu bringen.

Die Intention, Leben und Werk des Apostels in die heutige Sprach- und Denkwelt zu übersetzen, ist aber nicht immer geglückt. So sieht Dorn in Paulus nach den heutigen politischen Verhältnissen...

Jürgen Werbick: Christlich glauben

Jürgen Werbick möchte den Zeitgenossen nahebringen, was es heute bedeutet zu glauben. Dieser Frage stellt er sich in seiner klar gegliederten, umfangreichen Abhandlung aus unterschiedlichen Perspektiven. Dabei setzt sich Werbick, ausgehend von einem weiten anthropologisch eruierten Vorverständnis des Glaubens, bewusst ab von der in der systematischen Theologie üblichen Behandlung des Themas. Ein anthropologisch angebahntes Glaubensverständnis liege der Unterscheidung von Glaubensakt und Glaubensinhalt voraus. Trotzdem berücksichtigt der Autor diese beiden traditionellen Gesichtspunkte einer „Topologie der Glaubensweisen“ (3. Kapitel).

Der Akzent von „Christlich glauben“ liegt beim Glaubensphänomen: Der Autor betrachtet das, was sich unvorhergesehen ergibt, was in den Blick kommen kann und...

Christian Lehnert: Gebete der Menschheit

Philosophie und Theologie reden überGott, das Gebet zu Gott. Es ist ein Vollzug – alleine im persönlichen Gebet oder gemeinsam in der Liturgie. Das weiß der evangelische Theologe, Librettist und preisgekrönte Lyriker Christian Lehnert, dessen Sammlung „Gebete der Menschheit“ in keinem theologischen Verlag, sondern in der bibliophilen „Insel-Bücherei“ erschienen ist. Ihm geht es um den „semantischen Raum“ bzw. den „Biotop“ (127), in dem das Gebet seinen Ort hat, sowie um seine Nähe zum Gedicht, sind doch „beide an der Grenze der vertrauten Sprache unterwegs und erkunde[n] Räume, wo die Worte noch fehlen“ (128f). In zehn Abschnitte gliedert Lehnert seine ebenso subjektive wie anregende Auswahl von 60 Gebeten aus unterschiedlichen Kulturen, Religionen und Zeiten (9-101); hinzu kommen als...