Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Hermann Wohlgschaft: Dich gibt es nicht, wenn doch, dann komm! Gott in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur

Wen der paradox-prätentiöse Titel nicht abschreckt, der begibt sich in eine spannende Lektüre. Hermann Wohlgschafts Werk bietet einen Überblick über die deutschsprachige Gegenwartsliteratur, fragt aus theologischer Sicht, wie die Gottesfrage thematisiert wird, und hält Anregungen bereit, persönliche Glaubensfragen zu klären, ohne dass der fachlich-literarische Anspruch der Darstellung darunter litte.

Der Autor ist promovierter Theologe, Priester der Diözese Augsburg, war dort in unterschiedlichen herausgehobenen Ämtern tätig und veröffentlichte zahlreiche Sachbücher zu theologischen und pastoralen Themen, zur Gegenwartsliteratur, aber auch eine Biografie Karl Mays.

In der vorliegenden handbuchartigen Veröffentlichung untersucht Wohlgschaft 53 Autoren der Gegenwartsliteratur von Thomas...

Christian Lehnert: Die weggeworfene Leiter. Gedanken über Religion und Poesie

Christian Lehnert zählt zu den feinsinnigsten Flaneuren auf den Feldern von Theologie und Literatur. 1969 in Dresden geboren, verweigerte er den Wehrdienst in der DDR, studierte Theologie und wurde evangelischer Pfarrer. Sein waches Interesse gilt der Verhältnisbestimmung von Poesie und Religion, in zahlreichen Publikationen umkreist er das Zueinander beider Sphären. Innerhalb seines Oeuvres nehmen seine vielfältigen Gedichte eine besondere Stellung ein und lassen sich als reizvolle, tastende, religiöse Suchbewegungen verstehen. Die Rezeption der Gedichte und Texte von Christian Lehnert ereignet sich indes nicht selten herausfordernd: Während ein säkularer Literaturbetrieb mitunter skeptisch und irritiert auf seine religiöse Suche reagiert, erhoffen sich gläubige Menschen von seinen Texten...

Martin W. Ramb / Holger Zaborowski (Hg.): Krieg

„Krieg“ – aktueller kann ein Buchtitel kaum sein. Doch womit kann der noch etwas zögerliche Interessent rechnen: einer fundierten Analysen über Gründe und Verlauf der gegenwärtigen Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen oder vielleicht einem ganz anderen Zugang? Das Cover mit der Zeichnung aneinandergereihter Leichensäcke deutet es schon an: Es geht um eine bildnerische Auseinandersetzung mit dem Phänomen Krieg. Wer das heute wagt, stellt sich – gewollt oder ungewollt – in eine Reihe mit Größen wie Francisco de Goya, Otto Dix oder Pablo Picasso. Was macht die Illustrationen von Drushba Pankow, die im Zentrum des Buches „Krieg“ stehen, sehens- und bedenkenswert?

Drushba Pankow ist ein Grafikkollektiv und besteht aus Alexandra Kardinar (*1972), Professorin für Illustration an der...

Uwe Wolff: Engel

Der erste Blick auf die opulente Anthologie mag irritieren. Der Einband ist pechschwarz, und an das „G“ des Titelwortes schmiegt sich ein kleines Wesen, das gewiss eher teuflisch denn himmlisch ausschaut. Die Innenseiten des Einbandes wiederum bilden auf jeweils zwei Seiten beide Sphären ab: höchst bewegliche, kleine Engelsgestalten und dunkle, gehörnte „Flecken“, die auf Teuflisches verweisen. Wer den Band studiert, merkt rasch, dass der Autor die ganze, ambivalente Engel-Tradition in den Blick nimmt: die alterslosen Bewohner der Ewigkeit („Engel sind ewige Jugendlichkeit, verbunden mit der Weisheit des Alters“) wie die „gefallenen“ Engel, die man weniger mit „Sphärenmusik“ denn mit Dämonen oder dem Blocksberg verbindet. Diese Anthologie, von A bis Z geordnet, lässt sich als eine Summa...

Anita und Günter Lichtenstein Stiftung (Hg.): Michael Morgner. Existenzbilder

Der Zeichner, Grafiker, Maler, Stahlbildhauer und einstige Aktionskünstler Michael Morgner kann auf ein reiches und vielfältiges Werk zurückblicken. Er bekam mehrfach wichtige Preise wie den Kunstpreis zu Ehren von Karl Schmidt-Rottluff. Anlässlich seines 80. Geburtstags wurde er 2022 u.a. mit einer fulminanten Retrospektive der Kunstsammlungen Chemnitz und einem opulenten Werkverzeichnis seiner Bilder und Plastiken gewürdigt (s. https://www.eulenfisch.de/literatur/literaturmagazin/literaturmagazin-01-2023/#tab-3 ). In diesen Kontext gehört auch das von der „Anita und Günter Lichtenstein Stiftung“ (Göpfersdorf) herausgegebene Buch.

Das Ehepaar Lichtenstein hat die bedeutendste private Sammlung moderner mitteldeutscher Kunst zusammengetragen; sie umfasst etwa 10.000 Zeichnungen, Grafiken...

Georg Habenicht: Der Naumburger Bilderstreich zum Triegel-Cranach-Altar

Wenn ein Autor sich an seiner eigenen Rhetorik befeuert und Spaß an seinen Formulierungen hat, ist das für uns Leser ein Glücksfall. Bei Georg Habenicht kommt hinzu, dass er offenbar mit Vergnügen in Archiven wühlt, um dann ein breites Panorama der Frömmigkeitsgeschichte um die Wende des 15. zum 16. Jahrhundert zu entwerfen. Das Buch – besser gesagt das Büchlein – inszeniert ein Drama in fünf Akten, bei dem es dann aber um einen gegenwärtigen Skandal geht.

Der Autor hatte sich schon beim historisch skandalträchtigen Thema Ablass ausgewiesen, das für Luther und seine Reformation so wichtig gewesen ist. Das moderne Bankwesen, eine Florentiner Erfindung der frühen Neuzeit, hatte seinerzeit auch das theologische Denken infiziert. So war es zu einer Art Bewirtschaftung des Fegefeuers gekommen,...

Jens-Fietje Dwars: Ateliergespräche. Porträts ostdeutscher Bildermacher

Wer als Westdeutscher an „ostdeutsche Bildermacher“ denkt, dem werden zuerst die Vertreter der „Leipziger Schule“ wie Neo Rauch und Michael Triegel in den Sinn kommen. Aber um diese Zelebritäten geht es in den „Ateliergespräche(n)“, die der Verfasser mit 6 Künstlerinnen und 22 Künstlern geführt hat, nicht. Aus welchem Anlass sind diese Porträts entstanden?

Erschienen sind alle im „Palmbaum“, dem, so der Untertitel, „Literarischen Journal aus Thüringen“. Diese 1993 begründete Literaturzeitschrift erscheint zweimal im Jahr unter einem Hauptthema und verbindet neuere Prosa, Lyrik und Essays mit der reichen Geschichte Thüringens; hinzu kommt ein umfangreicher Rezensionsteil. Mit der Übernahme der Chefredaktion durch Jens-Fietje Dwars 2005 kam die bildende Kunst hinzu, denn nun wurden die...

Stanka Hrastelj: Batseba. Roman

Literarische Rezeptionen biblischer Stoffe geraten bisweilen ein wenig gewollt und zäh. Dies kann man von Stanka Hrasteljs kühnem Neuentwurf der Geschichte von Batseba und König David wahrlich nicht behaupten. Zwei Angaben gehen dem zweiten Roman der slowenischen Lyrikerin und Übersetzerin (geb. 1975) voraus, beide haben ihre Berechtigung. Die Widmung „Für die Leser von Poesie“ verweist auf die lyrisch verdichtete Art des Erzählens. In 193 durchnummerierten Miniaturkapiteln mit Überschriften, die ihrerseits interpretatorische Akzente setzen, wirft die Autorin sprachgewaltig Schlaglichter auf eine überzeitlich angelegte Frauengestalt zwischen Macht und Ohnmacht. Die zweite vorausgeschickte Angabe ist eine Triggerwarnung bezüglich selbstverletzender Handlungen und sexueller Gewalt. In der...