Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Claudia Blöser: Immanuel Kant

Claudia Blöser ist Professorin für Philosophie mit Schwerpunkt Ethik an der Universität Augsburg und Schülerin des Frankfurter Philosophieprofessors und Kant-Spezialisten Marcus Willaschek. In der Reclam-Reihe „100 Seiten“ kann man in diesem Umfang etwas lernen über „Mücken“, „ABBA“, „Franz Kafka“ – und nun eben „Immanuel Kant“. Es gehört Mut dazu, sich dieser Aufgabe anzunehmen.

Claudia Blöser verfügt nicht nur über Mut, sondern auch über einen roten Faden. Nachdem sie den langen und entbehrungsreichen biografischen Weg Kants zu einer Professur und zur „Kritik der reinen Vernunft“, die er erst mit 57 schreibt, in knappen, aufschlussreichen Skizzen zeichnet, schlägt sie den Ton an, der im Gesamtwerk Kants widerhallt: die Neugründung der Metaphysik, zentriert auf die Frage der menschlichen...

Bernd Janowski: Biblischer Schöpfungsglaube

Bernd Janowski legt mit dem voluminösen Band „Biblischer Schöpfungsglaube“ ein Werk vor, dass innerhalb der aktuellen exegetischen und bibeltheologischen Literatur beispiellos und herausragend ist. Dem Autor gelingt es, die kulturelle Gründungserzählung [vgl. 7 u.ö.] von Welt und Mensch so darzulegen, dass sein Buch nicht nur für das fachwissenschaftliche Publikum lesenswert ist, sondern auch einer breiten und interessierten Leserschaft rundheraus empfohlen werden kann.

Die große Frage, die sich jedem stellt, der versucht, ein Kompendium des biblischen Schöpfungsglaubens darzulegen, ist diejenige nach der Gliederung und Strukturierung: Soll sie sich an „der kanonischen Abfolge, der theologiegeschichtlichen Entwicklung oder den thematischen Schwerpunkten der Schöpfungstexte [orientieren]?“...

Ludger Schwienhorst-Schönberger: Der eine Gott und die Götter

In 107 kurzen Texten von je 1,5 bis 2,5 Seiten durchschreitet der emeritierte Wiener Alttestamentler Ludger Schwienhorst-Schönberger die Religions- und Theologiegeschichte Israels. Die ersten 15 Texte beschäftigen sich eher grundlegend mit „Religionsgeschichtlichen Vorgaben“ und der „Herkunft JHWHs“. Danach orientieren sich die übergreifenden Abschnitte an den Epochen der Geschichte Israels, von der „Frühstaatlichen Zeit (10. Jh. v. Chr.)“ bis zur Rückkehr aus dem Exil („Heimkehr und Sammlung“, ohne konkrete Zeitangabe). Die Texte wurden ursprünglich für die Zeitschrift „Christ in der Gegenwart“ verfasst und können jeweils für sich gelesen werden. In der Fokussierung auf die jeweilige Fragestellung ist das hilfreich. In der fortlaufenden Lektüre bleiben die Übergänge zwischen den einzelnen...

Heinz-Dieter Neef: Das Richterbuch heute lesen

„Vor kurzem las ich die Charakterisierung dieses Buches als ‚Abschlachtungsbuch‘.“ Gegen diese Bezeichnung und Bewertung wehrt sich der Autor Heinz-Dieter Neef, gleichwohl er die Gewaltthematik im Richterbuch (und in vielen anderen Texten des AT) nicht verleugnet. Sie lassen fragen, warum Gott nicht eingreift – eine Frage, die auch gegenwärtig angesichts der eskalierenden Kriegsszenarien in der Welt gestellt werden kann. Doch was können heutige Leserinnen und Leser dem Richterbuch abgewinnen?

Die Gewalttexte handeln von Angriffskriegen auf das Volk Israel sowie von innerisraelitischen Auseinandersetzungen in einer äußert bedrohlichen Epoche, in der das Volk in jeglicher Hinsicht schwach und gespalten war. Das Überleben dieser heftigen Situationen beschreibt der Autor als ein Wunder, das...

Gregor Taxacher: Die Geschichten der Geretteten. Heilige und Heiliges in der Legenda aurea

Jenseits einer klischeebehafteten, biederen Frömmelei öffnet der Dortmunder Theologe Gregor Taxacher Denkwege zu einer unkonventionellen Reise durch die farbenprächtige Welt der „Legenda aurea“ und lädt zu spirituellen Begegnungen besonderer Art ein.

Hinter dem golden schimmernden Glanz der Legenden des christlichen Martyriums werden bemerkenswerte Persönlichkeiten und auch Vorbilder der Heilsgeschichte sichtbar, darunter etwa „starke Frauen“ – unter der „Oberfläche des klerikal und patriarchal geprägten Textes“ der „Legenda aurea“. Zu Glaubenszeuginnen, die „wundersam schmerzfrei“ leiden, gehört etwa die heilige Lucia, die die folternden Männer körperlich nicht manipulieren können. Taxacher bezeichnet die „Wundersymbolik“ als eindeutiges „Sich-Entziehen des weiblichen Körpers vom...

Uwe Wolff: Engel

Der erste Blick auf die opulente Anthologie mag irritieren. Der Einband ist pechschwarz, und an das „G“ des Titelwortes schmiegt sich ein kleines Wesen, das gewiss eher teuflisch denn himmlisch ausschaut. Die Innenseiten des Einbandes wiederum bilden auf jeweils zwei Seiten beide Sphären ab: höchst bewegliche, kleine Engelsgestalten und dunkle, gehörnte „Flecken“, die auf Teuflisches verweisen. Wer den Band studiert, merkt rasch, dass der Autor die ganze, ambivalente Engel-Tradition in den Blick nimmt: die alterslosen Bewohner der Ewigkeit („Engel sind ewige Jugendlichkeit, verbunden mit der Weisheit des Alters“) wie die „gefallenen“ Engel, die man weniger mit „Sphärenmusik“ denn mit Dämonen oder dem Blocksberg verbindet. Diese Anthologie, von A bis Z geordnet, lässt sich als eine Summa...

Bernhard Grümme: Öffentliche Politische Theologie. Ein Plädoyer

Als sich die Deutsche Bischofskonferenz im Rahmen ihrer Frühjahrsvollversammlung am 22. Februar 2024 mit ihrer Erklärung „Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar“ an die Öffentlichkeit wandte, waren die medialen und gesellschaftlichen Resonanzen sowie die Zustimmung zu dem Text hoch. Die Gruppe „Christen in der AfD“ fühlte sich von ihm dermaßen provoziert, dass sie am 29. Februar 2024 einen offenen Brief an die Deutsche Bischofskonferenz richtete. Im Gegensatz zu vielen anderen öffentlichen Verlautbarungen erzielte diesmal eine Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz, die sich als politische versteht, eine breite Wirkung.

Dass Kirche und Theologie politisch sein müssen und sollen, ist ein Diktum, das der Theologe Johann Baptist Metz immer wieder in das gläubige...

Johan Huizinga: Erasmus von Rotterdam

Erasmus ist der Eulenfisch par excellence. Er verbindet die Weisheit der antiken Kultur mit dem Glauben des Christentums, und zwar von der Philologie her. Er schafft die erste textkritische Edition des Neuen Testaments und bildet damit die Grundlage für eine bereinigte Glaubenspraxis. Er eifert für ein perfektes Latein und für die bonae litterae. Glaube und Vernunft finden sich zusammen unter der Kuppel des Sprachbewusstseins und des Literaturstudiums. Europäische Kultur kann auf dieser Grundlage bei gemeinsamer Nutzung des Lateins universell sein.

Johan Huizingas berühmtes Erasmus-Buch ist jetzt in einer neuen deutschen Übersetzung von Hartmut Sommer erschienen. Es ist eine herrliche Lektüre, die dank der neuen Übersetzung leicht verläuft. Was lernen wir über Erasmus? Dass er aus Holland...