Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Alois Prinz: Franz von Assisi

Biografien sind „in“. Autorinnen und Autoren, die sich mit dem Leben bekannter Persönlichkeiten – historischer wie aktueller – auseinandersetzen, antworten auf ein latentes Bedürfnis vieler Menschen nach Orientierungsmodellen in einer zunehmend orientierungslosen Welt. Auch die Religionspädagogik widmet sich nach Jahrzehnten einer Abwehr überhöhter Heiligenmodelle wieder dem „Lernen an Biografien“.

Umso erfreulicher ist es, dass dabei auf einen größer werdenden Schatz an geeigneten Texten und Materialien zurückgegriffen werden kann, zu dem die neueste Biografie von Alois Prinz zu Franz von Assisi zweifelsohne dazugehört. Ganz dem Beispiel Luise Rinsers folgend, die Franz von Assisi in ihrem ebenso lesenswerten Jugendroman „Bruder Feuer“ (1975) als Gründer einer Kommune ins 20. Jahrhundert...

Marcel Albert (Hg.): Handbuch der benediktinischen Ordensgeschichte

Im Umfeld aktueller kirchlicher Krisenstimmung ist auch die „Ordenskrise“ präsent. Zugleich bringen sich Ordensleute aber in den Synodalen Weg und andere Reformdebatten ein und zeigen, wie Kirchesein anders gehen könnte. Weniger kirchennahen Zeitgenossen mag ein Besuch in einem Kloster – vielleicht abgesehen von Hofladen und Brauerei – wie der Eintritt in eine andere Welt vorkommen. Zugleich erfahren viele Menschen auf der Suche nach spiritueller Lebensgestaltung und Work-Life-Balance Klöster als Sehnsuchts- oder zumindest Andersorte mit einer besonderen Ausstrahlung. Benediktiner- und Benediktinerinnenabteien von Ettal bis Maria Laach, von Frauenchiemsee bis Eibingen sind geschichtsträchtige und zugleich lebendige Orte der Suche nach Gott und nach dem Ausgleich von Aktion und...

Elmar Salmann (Hg.): Die Regel Benedikts als fremder Gast. Vier Lesarten

Die Priorin aus Eibingen, Jüngste im Bunde, zusammen mit dem Ältesten, dem Theologieprofessor aus Gerleve, altersmäßig dazwischen der Abt aus Plankstätten und der Ordenshistoriker aus Gerleve – sind vier biografisch und beruflich höchst unterschiedliche Persönlichkeiten aus der benediktinischen Familie und haben vier Lesarten. Was sie eint und ihr Dialogwerk attraktiv macht, ist natürlich das Schöpfen aus der immer noch kräftig sprudelnden Quelle – die Benediktsregel ist ja nach der Bibel wohl deren wirkmächtigste Auslegung: „Höre,“ lautet die Musik beider. Was wäre die Christenheit und Europa ohne diesen großen Basistext christlicher Spiritualität, der hier jeweils auf der linken Seite im Wortlaut abgedruckt und rechts dann in vierstimmigen Deutungen knapp beleuchtet wird. Das...

Helga Schubert: Der heutige Tag. Ein Stundenbuch der Liebe

Helga Schubert wurde 1940 in Berlin geboren, in der DDR als Literatin diskriminiert, und 2020 für eine Geschichte des Vorgängerbuches „Vom Aufstehen“ mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet. Im neuen Titel erstaunt das aus der Zeit gefallene „Stundenbuch“, das üblicherweise täglich wiederkehrende Texte klösterlicher Gebete und Gesänge enthält. In der Tat: Die titellosen, oft nur wenige Seiten langen Kapitel öffnen intime Räume einer täglichen Routine. Diese besteht hier in keinem verbalisierten Gotteslob, sondern in den Beschwernissen des Alltagslebens eines hochbetagten Paares – geschildert aus der Perspektive der pflegenden, über 80-jährigen Icherzählerin, die weitestgehend mit der Autorin identisch ist. Ein erneuter Ansatz, das Alter und seine Gebrechen literarisch aus der...

Gesine Schwan: Warum ich die Hoffnung nicht aufgebe

Vielen dürfte die vielfach ausgezeichnete Politikwissenschaftlerin, Universitätspräsidentin, Koordinatorin der Bundesregierung für die grenznahe und zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit mit Polen, Leiterin der Grundwertekommission der SPD und amtierende Präsidentin der Berlin Governance Platform Gesine Schwan vor allem durch ihre zweimalige Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten und 2019 für den Parteivorsitz der SPD bekannt sein. Anlässlich ihres 80. Geburtstags ist nun ein Gesprächsband erschienen, der ihren christlichen Glauben als Grundlage ihres wissenschaftlichen und politischen Engagements herausstellt. Im Gespräch mit Holger Zaborowski, Theologe, Philosoph sowie Klassischer Philologe und Lehrstuhlinhaber für Philosophie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der...

Etty Hillesum: Ich will die Chronistin dieser Zeit werden

Immerhin ganze 80 Jahre nach ihrer Ermordung in Auschwitz ist nun endlich auch auf Deutsch jenes Tagebuch ungekürzt erschienen, das Kennern längst als außerordentliches Dokument nicht nur der Zeitgeschichte, sondern authentischer Spiritualität bekannt ist. Die junge Niederländerin jüdischer Herkunft Esther Hillesum ist trotz der mörderischen Machenschaften der Nazis in der Tat das geworden, was sie werden wollte: genaue Chronistin der perfiden Einschnürung der Juden im besetzten Amsterdam und den Niederlanden, weit mehr aber noch Kronzeugin einer unglaublichen Humanität und Spiritualität in finsteren Zeiten, Vermächtnis und Verpflichtung zugleich. Ihr Tagebuch erzählt, zusammen mit den zahlreichen Briefen, von einem faszinierenden Schnellkurs in menschlicher Reifung, weiblicher...

Barbara Janz-Spaeth / Hildegard König / Claudia Sticher: Zeigt Euch!

Das Gesicht der Frau auf dem Cover ist profillos, eines aber fehlt ihr nicht: Ein Mund, der es ihr ermöglicht zu sprechen, zu erzählen, (an-) zu klagen, zu loben und zu singen. Eben das wird den biblischen Frauen in diesem vielseitigen Porträtband durch die Autorinnen ermöglicht: Ihnen wird eine Stimme gegeben, die ihnen die (zumindest überwiegend) männlichen Autoren der biblischen Texte nicht gewährt haben, indem sie sie zu namenlosen Statistinnen degradierten. Dass weibliche Perspektiven auf Gott und Welt damit zu kurz kommen, ist nicht nur für die Menschen biblischer Zeiten problematisch. Was solche Verdeckungen bewirken, kann in der für Frauen prekären Wirkungs- und Auslegungsgeschichte an unzähligen Beispielen nachvollzogen und gegenwärtig immer noch erfahren werden. Dabei sind diese...

Franz-Xaver Kaufmann: Katholische Kirchenkritik

 

„Kirche begreifen“ – so hieß 1979 der erste Sammelband des Schweizer Soziologen Franz Xaver Kaufmann mit Aufsätzen zu Formen katholischer Vergesellschaftung und Institutionalität in der Moderne. Der nicht durch Weihrauch getrübte Blick auf die kirchliche Sozialgestalt, auf Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse, auf Verwaltungshandeln sowie auf Verflechtungsprozesse von Kirche und Gesellschaft war in den 1970er Jahren eine Form, die Impulse des Konzils aufzunehmen und zu fragen, wie es mit dem katholischen Christentum in Europa unter den Bedingungen der entfalteten Moderne weitergehen könne. Das Schicksal solcher innerkirchlichen Dienste katholischer Sozialwissenschaftler im Zeitalter der Pontifikate von Wojtyla und Ratzinger ist bekannt.

Nun ist erneut ein Sammelband mit Aufsätzen und...