Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Volker Reinhardt: Der nach den Sternen griff. Giordano Bruno

Giordano Bruno gilt heute als eine schillernde Gestalt in den Reihen moderner Vordenker. Sein Leben, das auf dem Scheiterhaufen in Rom ein schmähliches Ende fand, ging allerdings erst spät in die Geschichtsbücher über geachtete Persönlichkeiten ein. Seine Zeitgenossen erkannten in ihm nicht weniger als einen Ketzer, der an den Grundfesten des christlichen Glaubens jedweder Konfession rüttelte. Zu den größten Vorwürfen, die im Laufe seines mehrjährigen Inquisitionsprozesses erhoben wurden, gehörten folgende: Leugnung der Trinität und der Transsubstantiation, Bezeichnung Jesu Christi als Schurke, da er nur zum Schein Wunder vollbracht habe, Propagierung unendlich vieler Welten, die Gott stets neu erschaffe, Lehre von der Seelenwanderung, Absage an die Jungfrauengeburt etc.

Brunos deviante...

Michael Wolffsohn: Nie wieder? Schon wieder! Alter und neuer Antisemitismus.

In seiner aufrüttelnden Streitschrift plädiert Michael Wolffssohn angesichts des wieder wachsenden Judenhasses für eine Veränderung des Zusammenlebens in der gegenwärtigen deutschen Gesellschaft. Zwischenmenschlich ist dem Antisemitismus die funktionale Toleranz, d.h. die Einhaltung allgemein akzeptierter Normen im Sinne von Verkehrsregeln, entgegenzusetzen. Damit ist die praktikable Basis gegeben, die alle akzeptieren können. Damit diese verbindlichen Normen durchgesetzt werden, fordert der Autor die im Staat Verantwortlichen eindringlich dazu auf, für die Sicherheit aller Bürger zu sorgen, auch durch vermehrte Polizeipräsenz.

Wolffsohn kennzeichnet unmissverständlich das Übel, das das jüdische Leben in Deutschland gefährdet: Antisemitismus, vor allem des Islamismus und des...

Der blaue reiter. Journal für Philosophie: Krieg

Die Ausgabe des Journals für Philosophie „der blaue reiter“ zum Thema „Krieg“ beleuchtet aus zahlreichen Perspektiven Grundfragen um den Themenkreis Krieg und Frieden und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur philosophischen Reflexion. Hintergrundfolie vieler Beiträge ist dabei die Ausweitung der russischen Invasion in die Ukraine vom 24. Februar 2022. Umso irritierender ist, dass Stimmen von direkt von diesem und anderen Kriegen betroffenen Philosophen fehlen.

Die Publikation ist vom Aufbau her stringent. So widmet sich etwa Sebastian Schneider in seinem Beitrag der Begriffsgeschichte des Kriegs und nähert sich einer Definition des Krieges über drei Dimensionen: Krieg als Zustand oder Akt von Gewalt, Intensität und Akteursqualität (8). Dennis Sölch konstatiert in der...

Claudia Blöser: Immanuel Kant

Claudia Blöser ist Professorin für Philosophie mit Schwerpunkt Ethik an der Universität Augsburg und Schülerin des Frankfurter Philosophieprofessors und Kant-Spezialisten Marcus Willaschek. In der Reclam-Reihe „100 Seiten“ kann man in diesem Umfang etwas lernen über „Mücken“, „ABBA“, „Franz Kafka“ – und nun eben „Immanuel Kant“. Es gehört Mut dazu, sich dieser Aufgabe anzunehmen.

Claudia Blöser verfügt nicht nur über Mut, sondern auch über einen roten Faden. Nachdem sie den langen und entbehrungsreichen biografischen Weg Kants zu einer Professur und zur „Kritik der reinen Vernunft“, die er erst mit 57 schreibt, in knappen, aufschlussreichen Skizzen zeichnet, schlägt sie den Ton an, der im Gesamtwerk Kants widerhallt: die Neugründung der Metaphysik, zentriert auf die Frage der menschlichen...

Bernd Janowski: Biblischer Schöpfungsglaube

Bernd Janowski legt mit dem voluminösen Band „Biblischer Schöpfungsglaube“ ein Werk vor, dass innerhalb der aktuellen exegetischen und bibeltheologischen Literatur beispiellos und herausragend ist. Dem Autor gelingt es, die kulturelle Gründungserzählung [vgl. 7 u.ö.] von Welt und Mensch so darzulegen, dass sein Buch nicht nur für das fachwissenschaftliche Publikum lesenswert ist, sondern auch einer breiten und interessierten Leserschaft rundheraus empfohlen werden kann.

Die große Frage, die sich jedem stellt, der versucht, ein Kompendium des biblischen Schöpfungsglaubens darzulegen, ist diejenige nach der Gliederung und Strukturierung: Soll sie sich an „der kanonischen Abfolge, der theologiegeschichtlichen Entwicklung oder den thematischen Schwerpunkten der Schöpfungstexte [orientieren]?“...

Ludger Schwienhorst-Schönberger: Der eine Gott und die Götter

In 107 kurzen Texten von je 1,5 bis 2,5 Seiten durchschreitet der emeritierte Wiener Alttestamentler Ludger Schwienhorst-Schönberger die Religions- und Theologiegeschichte Israels. Die ersten 15 Texte beschäftigen sich eher grundlegend mit „Religionsgeschichtlichen Vorgaben“ und der „Herkunft JHWHs“. Danach orientieren sich die übergreifenden Abschnitte an den Epochen der Geschichte Israels, von der „Frühstaatlichen Zeit (10. Jh. v. Chr.)“ bis zur Rückkehr aus dem Exil („Heimkehr und Sammlung“, ohne konkrete Zeitangabe). Die Texte wurden ursprünglich für die Zeitschrift „Christ in der Gegenwart“ verfasst und können jeweils für sich gelesen werden. In der Fokussierung auf die jeweilige Fragestellung ist das hilfreich. In der fortlaufenden Lektüre bleiben die Übergänge zwischen den einzelnen...

Heinz-Dieter Neef: Das Richterbuch heute lesen

„Vor kurzem las ich die Charakterisierung dieses Buches als ‚Abschlachtungsbuch‘.“ Gegen diese Bezeichnung und Bewertung wehrt sich der Autor Heinz-Dieter Neef, gleichwohl er die Gewaltthematik im Richterbuch (und in vielen anderen Texten des AT) nicht verleugnet. Sie lassen fragen, warum Gott nicht eingreift – eine Frage, die auch gegenwärtig angesichts der eskalierenden Kriegsszenarien in der Welt gestellt werden kann. Doch was können heutige Leserinnen und Leser dem Richterbuch abgewinnen?

Die Gewalttexte handeln von Angriffskriegen auf das Volk Israel sowie von innerisraelitischen Auseinandersetzungen in einer äußert bedrohlichen Epoche, in der das Volk in jeglicher Hinsicht schwach und gespalten war. Das Überleben dieser heftigen Situationen beschreibt der Autor als ein Wunder, das...

Gregor Taxacher: Die Geschichten der Geretteten. Heilige und Heiliges in der Legenda aurea

Jenseits einer klischeebehafteten, biederen Frömmelei öffnet der Dortmunder Theologe Gregor Taxacher Denkwege zu einer unkonventionellen Reise durch die farbenprächtige Welt der „Legenda aurea“ und lädt zu spirituellen Begegnungen besonderer Art ein.

Hinter dem golden schimmernden Glanz der Legenden des christlichen Martyriums werden bemerkenswerte Persönlichkeiten und auch Vorbilder der Heilsgeschichte sichtbar, darunter etwa „starke Frauen“ – unter der „Oberfläche des klerikal und patriarchal geprägten Textes“ der „Legenda aurea“. Zu Glaubenszeuginnen, die „wundersam schmerzfrei“ leiden, gehört etwa die heilige Lucia, die die folternden Männer körperlich nicht manipulieren können. Taxacher bezeichnet die „Wundersymbolik“ als eindeutiges „Sich-Entziehen des weiblichen Körpers vom...