Was kann man überhaupt noch glauben? Was ist wahr, was falsch?
Nicht nur in der politischen Debatte in den USA treten neben
Fakten plötzlich „alternative Fakten“. Ein Zeitalter nach der Wahrheit
(„post-truth“) wird ausgerufen und das deutsche Lehnwort „postfaktisch“
wurde zum Wort des Jahres 2016 gekürt. Verschwörungstheorien jeglicher
Couleur haben Konjunktur und konkurrieren um Glaubwürdigkeit.
Pilatus' Frage an Jesus, was denn Wahrheit sei, scheint in Zeiten des
Internets aktueller denn je zu sein – neu und radikaler gestellt zu werden.
Virtualität, erweiterte Realität und Parallelwelten zwingen uns, über das
Wesen der Wirklichkeit neu nachzudenken. Wie wirklich ist die Wirklichkeit?
Gibt es sie nur im Singular oder müssen wir von einer Vielzahl
von Realitäten ausgehen? Aber wie vermittelt sie sich uns dann? Brauchen
wir etwa einen neuen Begriff von ihr? Und wie kann menschliche
Kommunikation und unser Zusammenleben überhaupt gelingen, wenn
sogenannte Filterblasen dafür sorgen, dass wir nur das wahrnehmen,
was wir sehen und glauben möchten?
„Begegnungen mit Wirklichkeit“ haben wir die neueste Ausgabe des Eulenfischs
genannt, um anzudeuten, dass wir unterschiedliche Zugänge zur
Wirklichkeit in ihrer Vielgestaltigkeit brauchen. Zugleich gibt es aber auch
jenseits allen Nachdenkens eine besondere Art von Gewissheit, die in der
echten Begegnung mit anderen Menschen zu finden ist. „Im Blick werden
Menschen füreinander wirklich.“ (Holger Zaborowski)
Für diese Weite von Wirklichkeit steht von Anfang an emblematisch auch
unser Eulenfisch. Vernunft und Glaube finden in Eule und Fisch in neuer
Weise zueinander und beschreiben die geistigen Horizonte unserer Welt.
Grund genug, ihn selbst erstmals die ganze Titelseite schmücken zu lassen.
Der Illustrator Olaf Hajek liebt Motive mit einem surrealen und symbolhaften Charakter. Was liegt da nicht näher, als ihn um eine zeichnerische Umsetzung des „Eulenfisch“ zu bitten. Glaube und Vernunft begegnen sich ja bekanntlich in unserem Wappentier in wundersamer Weise und beschreiben die Horizonte unserer Wirklichkeit.
Olaf Hajek lebt in Berlin und zählt zu den begehrtesten Illustratoren unserer Zeit. Seine farbstarken Arbeiten zieren Publikationen wie z.B. The New York Times, Cicero oder Die Zeit aber auch Briefmarken der Royal Mail wurden von ihm bereits gestaltet.
Seine expressiven Zeichnungen sind durch verschiedene Einflüsse aus Folklore, Mythologie, Religion, Geschichte und Geografie geprägt. Hajeks Bilder zeichnen sich durch surreale Gegenüberstellungen und überraschend neu arrangierte Wirklichkeiten aus, die auf seltsame Weise aus dem Gleichgewicht zu fallen scheinen und sich dabei auf der Grenze zwischen Realität und Imagination bewegen.