200 Jahre nach der Geburt von Karl Marx und Friedrich Wilhelm Raiffeisen und
fast auf den Tag zehn Jahre nach der globalen Banken- und Finanzkrise steht die
Kritik am Kapitalismus wieder auf der Tagesordnung. Unzählige Buchtitel wie die
Welt-Bestseller von Tomáš Sedlácˇek „Die Ökonomie von Gut und Böse“ oder Thomas
Pikettys „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ sowie eine große Landesausstellung
in Trier zu Karl Marx stehen für das neu erwachte Interesse an einer gerechten
Wirtschaftsordnung.
Zu den schärfsten Kapitalismuskritikern zählt Papst Franziskus, der in seiner Enzyklika
Evangelii Gaudium von 2013 unser Wirtschaftssystem für einen Papst in
bis dahin nicht gekannter Deutlichkeit mit den Worten geißelt: „Diese Wirtschaft
tötet.“ Die Gier nach Macht und Besitz kenne keine Grenzen: „In diesem System,
das dazu neigt, alles aufzusaugen, um den Nutzen zu steigern, ist alles Schwache
wie die Umwelt wehrlos gegenüber den Interessen des vergötterten Marktes.“ Für
Franziskus ist die Finanzkrise Symptom einer tiefer liegenden, anthropologischen
Krise: „Die Leugnung des Vorrangs des Menschen!“ In einem soeben im Mai veröffentlichten
Dokument „Oeconomicae et pecuniariae quaestiones“ legt Rom nach
und hält Bankern, Finanzpolitikern und uns Konsumenten den Gewissensspiegel
vor. Auch als Konsument oder Anleger könne jeder etwas tun und mit seinen Kaufentscheidungen
auf das Gemeinwohl einwirken, damit nicht die „Globalisierung
der Gleichgültigkeit“ (Franziskus) weiter fortschreite.
Mit unserer Jubiläumsausgabe zum 10-jährigen Bestehen des
Magazins Eulenfisch wollen wir Impulse zum Umsteuern geben
und neue Perspektiven auf den Eigenwert der Arbeit jenseits des
ökonomischen Nutzens eröffnen: Wir alle leben jeden Tag vom
Kredit des Vertrauens. Treu und Glauben bilden die Grundlage
unseres Zusammenlebens. Verliert diese Schattenwährung ihren
Wert, ist der gesellschaftliche Zusammenhalt zutiefst gefährdet.
Angesichts eines zunehmenden Funktionalismus können Schulen
zu „Kreditinstituten des guten Lebens“ werden, in denen
Solidarität, Subsidiarität und das Engagement für das Gemeinwohl
gelebt werden. Denn: Die Wirtschaft ist für den Menschen
da. Nicht umgekehrt.
Die Welt als Monopoly – als großes Spiel. Ziel dieses
weltweit enorm erfolgreichen Brettspiels ist es, Immobilienimperien
zu bilden und die Mitspieler in den
Konkurs zu treiben. Der „Deal-Maker“ gewinnt, der
alle anderen in den Ruin getrieben hat. Klaus Lage
besang schon in den 80er-Jahren dieses schlechte
Spiel, das die Menschen zu bloßen Randfiguren degradiert
und die Herren der Schlossallee zur eigenen
Profitmaximierung die Mietschraube enger und enger
ziehen lässt. Reich wird man nicht durch Arbeit, sondern
durch den Besitz von Immobilien – Monopoly
als Parabel für den immer einflussreicher werdenden
Immobilienkapitalismus unserer Tage.
Die 27-jährige Hamburger Illustratorin Thomke Meyer
ließ sich hierdurch zu ihrer Cover-Illustration anregen:
„Ich denke, es ist wichtig, dass Papst Franziskus
ein Zeichen gegen Überfluss und Konsum setzt und
durch seine Position viele Menschen erreicht und zum
Umdenken anregen kann.“