Schule im Stresstest
Seit dem ersten deutschlandweiten Lockdown verläuft die Lernkurve in Sachen Digitalisierung
von Schulen steil. Von jetzt auf gleich musste ein Kaltstart auf dem
Weg zu einer digitalen Schule hingelegt werden. Mobiles Lernen, Fernunterricht und
Homeschooling stehen für diese Revolution in unseren Schulen. Cloudbasierte Lernplattformen,
Apps und Webinare sind aus dem Schulalltag nicht mehr wegzudenken.
Unterrichten unter Coronabedingungen wird zum Stresstest für Schulen.
Auch wenn diese Transformation aus dem Stand durch das vorbildliche Engagement
von Lehrern, Eltern und Schülern bis heute weitestgehend bravourös gemeistert
wird, waren die wenigsten Schulen hierauf wirklich vorbereitet. Viel zu lange wurde
der Umstieg von einer analogen auf eine digitale Lernkultur durch mangelhafte
Infrastruktur, undurchsichtige Antragsverfahren und fehlende Medienkonzepte
ausgebremst. In dieser festgefahrenen Lage wirkt das Virus wie ein Katalysator, der
Prozesse in nie geahnter Weise beschleunigt, freilich mit all den auch zu beklagenden
Nebenwirkungen. Was bis dahin als völlig undenkbar galt, wird jetzt auf einmal
Realität: Schule findet bis auf Weiteres auch zuhause statt, Unterricht wird plötzlich
hybrid und das Internet wird zu einem virtuellen Klassenzimmer.
Die Schule, die wir alle noch aus eigener Erfahrung kennen, wird
es nach Corona nicht mehr geben. Dieser nach wie vor unabgeschlossene
schulische Großversuch hat etwas deutlich werden
lassen: Wie in der analogen, so kommt es auch in der digitalen
Schule auf den Lehrer und die Lehrerin an. Sie haben in der
Corona-Krise gezeigt, dass ihr Beruf systemrelevant ist. Sie stiften
nämlich das, was über den reinen Wissenserwerb hinausgeht
und was wir Bildung nennen, die nun einmal maßgeblich Beziehungsarbeit
ist. Als soziale Wesen brauchen wir ein Gegenüber,
um geistig und charakterlich reifen zu können. Es geht bei diesem
Neustart um einen intelligenten digitalen Umbau von Schule
zum Wohl der Schülerinnen und Schüler – von alternierenden
Präsenz- und Onlinephasen, asynchronem, eigenverantwortlichem
kontextbezogenem Lernen bis hin zu anregenden Lernumgebungen.
Vor allem sollte es Post-Corona um die Wiederentdeckung
von Schule gehen – als ganz real erlebbarer Mußeort
kreativen gemeinschaftlichen Tuns von Lehrern und Schülern.
Unser Titelbild der rumänischen Illustratorin Wanda
Hutira ist einer europaweiten Kampagne entliehen,
die die rumänische Agentur „McCann Bucharest“ unter
dem Titel „Thank you, Doctors!“ zur Unterstützung
und Anerkennung der wahren Helden der Covid-19-
Pandemie ins Leben gerufen hatte. Die Plakate mit
unterschiedlichen Motiven waren während des Lockdowns
in vielen leeren Straßen Europas zu sehen.
Catalin Dobre von McCann aus Bukarest schreibt
dazu: „Die Initiative ‚Danke, Ärzte‘ schmückte hunderte
von Plakatwänden in Europa, die leer standen.
So sollte den Ärzten und dem medizinischen Personal
Anerkennung zuteil werden und den wahren ‚Superhelden‘
unserer Zeit Kraft und Zuversicht vermitteln.“
Das eindrückliche Motiv greift dabei die Ästhetik
eines Kirchenfensters auf und interpretiert Heiligkeit
unbewusst als „Heiligkeit von nebenan“ (Papst
Franziskus). Auf diese Weise ist Wanda Hutira mit
ihrer Illustration so etwas wie eine Ikone der Covid-
19-Pandemie für einen säkularen Kontext gelungen.
Wir danken Wanda Hutira und der Agentur McCann
für die Erlaubnis zum Abdruck.